Spiel der Woche #18: Gipf

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Gipf ist ein abstraktes Brettspiel und Namensgeber einer ganzen Spielereihe. Das strategische Brettspiel strapaziert unsere Visualisierungsfähigkeiten! Die relativ einfachen Regeln, der Mechanismus und die Spielsteine erinnern an das Mühlespiel.

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Ein neues Spiel auszuprobieren, ist wie ein Geschenk auszupacken: Man weiss nie, was einem erwartet. Um etwas Licht ins Dunkle zu bringen, stellt spielezar.ch jede Woche ein Gesellschaftsspiel ausführlich vor. Diese Woche: «Gipf»

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Heute muss ich etwas ausholen, denn Gipf ist mehr als nur ein [link category="265" title="abstraktes Spiel"]. Es ist der erste Teil des «Gipf Projekts» und wurde bereits 1997 veröffentlicht. Das Projekt wurde vom belgischen Spieleautor Kris Burm initiiert und umfasst sieben Kopfzerbrecher:

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Die Strategiespiele sind untereinander kombinierbar - die «Potentiale» machen es möglich. Die abstrakten Spiele werden immer zu zweit gespielt. Freaks messen sich in Vereinen oder Internetturnieren. Nun zurück zum Einzelspiel Gipf!

Spielablauf

Wie beim Mühlespiel oder Schach kämpft eine Seite mit Weiss und die andere mit Schwarz. Ich werde in diesem Abschnitt das Basis- und Standardspiel vorstellen. Die Turniervariante ist für blutige Einsteiger weniger interessant.

Basisspiel

Das Spielbrett besteht aus einer sechseckigen Fläche, auf welcher sich Linien schneiden. Die 37 Schnittpunkte definieren die Spielfelder für die Steine. Ausserhalb des Sechsecks befinden sich 24 Ausgangspunkte. Von hier greifen die Steine ins Geschehen ein.

Gipf - das abstrakte Brettspiel

Ziel des Spiels ist es, dem Gegner so viele Steine wegzunehmen, sodass dieser keinen Zug mehr ausführen kann. Ein Spielzug besteht aus zwei Schritten:

  1. Stein auf Ausgangspunkt legen
  2. Stein ins Spiel befördern

Es wird immer abwechselnd gezogen, wobei Weiss beginnt. Bei den ersten drei Spielzügen müssen die Steine auf die Eckpunkte des Sechsecks gesetzt werden. Sind alle Steine platziert, schiebt man jeden Stein der Linie entlang in die Mitte.

Nun beginnt der eigentliche Spielspass. Man wählt einen beliebigen Ausgangspunkt und schiebt anschliessend den Stein einer Linie entlang aufs Spielfeld. Meistens hat man zwei Richtungsoptionen. Wichtig: Man fährt immer nur einen Schnittpunkt weit. Ich nenne sie Eingangsfelder.

Ein Zug beginnt also immer auf Ausgangspunkt und der Stein kommt auf einem Eingangsfeld zu liegen. Spielzüge in der Mitte sind nicht möglich. Ist ein Eingangsfeld bereits besetzt wird dieser Stein einfach in der Schieberichtung verschoben. Er macht Platz.

Liegen bereits mehrere Steine in dieser Linie, werden sie allesamt verschoben. Es sei denn, die Linie ist komplett gefüllt. Dann handelt es sich um eine Blockade: In diese Richtung kann kein Spielstein mehr ins Getümmel gebracht werden.

Sobald mindestens vier gleichfarbige Steine nebeneinander liegen, verlassen einige Steine die Spielfläche. Alle Spielsteine die ohne Lücke an den «Vierer» angrenzen, gehören zu dieser Reihe. Die ganze Reihe verlässt das Spielfeld!

Diejenigen Steine mit derselben Farbe des Vierers gelangen zurück in den Vorrat. Die anderen werden komplett aus dem Spiel entfernt. Der Vorrat ist bei Gipf entscheidend. Sobald er leer ist, hat man verloren.

Standardspiel

Das Standardspiel baut auf den Regeln des Basisspiels auf. Nun wird aber mit allen 18 Spielsteinen manövriert. Statt drei einzelne Steine legt man zu Beginn drei Doppelsteine - die sogenannten Gipf-Steine.

Besitzt ein Spieler keinen Gipf-Stein mehr, verliert er sofort. Zudem kann ein Spieler entscheiden, ob er bei der Bildung einer Reihe seinen Gipf-Stein auf dem Spielfeld belassen möchte oder ob er ihn entfernt.

Nimmt er freiwillig einen Gipf-Stein vom Brett, löst sich dieser Gipf-Stein jedoch in zwei Einzelsteine auf. Mit diesen Regeländerungen wird Gipf zwar nicht viel komplizierter, aber nochmals wesentlich strategischer!

Beurteilung

Für mich war Gipf der erste Kontakt mit dem gleichnamigen Projekt. Als begeisterter Schachspieler war Gipf ein Genuss. Ähnlich dürfte es Liebhabern von Mühle oder Halma gehen.

Mit meinem Bruder habe ich den ganzen Nachmittag gespielt und versucht, eine sinnvolle Strategie zu entwickeln. Gipf forderte meine Visualarisierungsfähigkeiten heraus! Es ist nicht einfach, vorauszusehen, was nach der Bildung einer Reihe passiert.

Wenn viele Steine die Spielfläche verlassen, stellt sich alles auf den Kopf. Wo zuvor noch eine Blockade bestand, gibt es nun wieder Schiebepotenzial. Eigentlich ist es paradox, eigene Steine zu schlagen, aber das muss geschehen:

Wer seinen Vorrat vernachlässigt, ist einfache Beute!

Mein Ziel besteht immer darin, mit einer Viererkette mindestens einen gegnerischen Stein zu eliminieren. Das hat aber nicht immer geklappt. Spielt man in der Standard- oder Turniervariante, darf man zudem die Gipf-Steine nicht aus den Augen verlieren.

Die Spielzeit von ca. 45 Minuten ist realistisch geschätzt. Das ist für ein abstraktes Spiel nicht aussergewöhnlich, mag aber manchen Spielertypen in Langeweile versetzen. Bei Gipf nimmt man sich schnell mal eine Minute Bedenkzeit.

Das Spielmaterial ist hochwertig. Die Steine aus Kunststoff lassen sich stapeln, fühlen sich gut an und dürften auch den Langzeittest bestehen. Man bewahrt sie in einem schwarzen Stoffbeutel auf.

Spielcharakter

Komplexität
2
Die Regeln sind schnell verstanden und variieren je nach Variante ein wenig.
Glücksfaktor
0
Abstrakte Spiele haben dies oft gemeinsam: Glück ist nicht vorhanden.
Strategie
4
Gipf ist Strategie pur. Wo schiebe ich und wo lasse ich besser die Finger davon? Wann bilde ich eine Reihe oder wann wähle ich eine destruktive Angriffsstrategie?
Kommunikation
1
Bei Gipf gibt es praktisch keine Kommunikation. Wenn man eine Reihe bildet, fliegen ein paar Worte über die Lippen. Sonst prägen Gedanken das Spiel.
Hektik
0
Das Spiel hat überhaupt keine hektischen Faktoren. Es sei denn, man spielt mit Zeitbegrenzung.

Fazit

Mit abstrakten Spiel ist es so: Entweder man liebt sie oder man hasst sie. Das ist bei Gipf nicht anders. Die Regeln sind einfach und das Spielmaterial hochwertig. Wer Mühle, Schach oder Halma mag, kann hier bedenkenlos zugreifen.

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